Das ist aber ein schönes Buch, denke ich, streichle ihm über den Rücken, und lasse einmal, wie im Daumenkino, die Seiten vorüberfliegen. Das riecht aber noch sehr neu, sagt sie und meint damit natürlich, dass das Buch nicht nur schön aussieht, sondern auch gut duftet.
Dreieinhalb Wochen Urlaub hab ich grade hinter mir, als ich von einem Segeltrip vor der Schwedischen Westküste heimkehre. Ungefähr drei Tage Traumwetter haben die Schweden im Jahr, erzählen sie uns, und wir haben so viel Glück, dass wir genau die jedes Jahr erwischen. Wobei es Nachts schon ein bisschen frisch war und mittlerweile kann man den Herbst auch schon riechen, wenn man Abends den Sommer aus den Zimmern lüftet.
Auf dem Pass, oder Frühstückstisch, je nach Laune, wartet ein Päckchen vom Mairisch Verlag mit lieben Grüßen von Stevan auf mich und wie durch Zufall schlägt sich das Buch an der Stelle einer Geschichte aus Krolleby, das eigentlich Knalleberg heißen sollte, was aber eine andere Geschichte ist, auf. Und so mischt sich die aufkommende Herbstmelancholie mit einer Geschichte aus dem verschneiten Norden Schwedens, Träumen von der Softeismaschine und einem Rezept mit Speck, Hack und Roter Bete, gebutterten Erbsen und Pilzesauce:
Grundsätzlich bin ich ja der Meinung, dass Menschen, die keine Macken haben, seltsam sind. Deswegen pflege ich meine Macken wie Andere ihren geleasten Neuwagen. Zum Beispiel lese ich Blog-Posts oder Kommentare von Kollegen aus den Nachbarländern immer mit eingebildetem Akzent. Zorra und Roberts Beiträge in Schweizerdeutsch, Katha in breitem Österreichisch, Micha liest sich Französisch und ihr solltet mal meinen Claudio im Italo-Schweizerdeutsch hören! Natürlich sprechen die alle (außer mir selbst – von der Mosel ins Schwäbische, beides keine sprachlichen Kompetenzzentren) akzentfreies Hochdeutsch, aber man liest sich ja gewissermaßen selbst vor und das soll keinesfalls langweilig werden. Was ich aber doof finde ist, wenn ich Akzent lesen muss – und so geschah es, dass Stevans Erstling erstmal keine großen Begeisterungsstürme hervorrief, startet doch gleich die erste Geschichte mit der Story eines grillenden Griechen in seinem Schrebergarten. Jetzt hab ich den aber kennengelernt, die Geschichte nochmal und nochmal gelesen und seitdem sind die ersten Seiten des Buches voller Flecken. Vollgeheult, so hab ich lachen müssen. Ganz groß, wie Stevan den Griechischen eingefangen hat. Dazu empfehle ich dringend einen Besuch im Dionysos mit anschließender Lektüre! (Mal gespannt was Schlaraffenland da noch für Überraschungen bereit hält)
Das Buch ist also schön, die Geschichten machen Spaß – bleiben die Rezepte. Während mit den meisten Rezeptschreibern die deutsche Gründlichkeit durchgeht, wird bei Stevan geknistert, beschöpft, untergeschlagen, gesetzt, begossen, gemengt, gestreut, gestückelt, zusammengeschoben, verrieben, zerrieben und entstrunkt. Die Zutaten sind mal tropfnass, die Sauce dicklich schaumig. Lese ich die Rezepte, sehe ich das Gericht vor meinem inneren Auge entstehen. Das macht allerdings nur Spaß, wenn man grade keinen allzu großen Hunger hat oder sich fern jeder Küche aufhält 😉
Monsieur, der Hummer und ich, lag bei mir wochenlang nur herum, bis es eines Abends mit ins Bett durfte. Ich konnte die Augen erst zumachen, als das Buch zu Ende gelesen war. Ein Fehler, der mir mit Schlaraffenland nicht mehr passieren wird. Schließlich handelt es sich hier nicht um Fastfood. Schlaraffenland darf ins Küchenregal und immer wenn mir danach ist, letzten Samstag nach dem Frühstück z.B., dann lese ich eine Geschichte – auch wenn ich danach schnell zum Einkaufen muss.
Stevan Paul
Schlaraffenland
Ein Buch über die tröstliche Wirkung von warmem Milchreis, die Kunst, ein Linsengericht zu kochen, und die Unwägbarkeiten der Liebe
Infos zum Buch – mairisch Verlag
4. September 2012
Hardcover in Feinleinen
192 Seiten | 18,90 €
Schön, dass Du wieder da bist! Und dieses Gimmick im ersten Bild haut mich fast um. Herrlich! Muss gleich nochmal mit dem Cursor drüber….
Aber mich liest Du in blütenreinem Hochdeutsch, stimmts? 😉
🙂 Ja, das ist der neueste Schrei, sozusagen. Aber ich weiß noch nicht so recht, was ich davon halten soll – aber dir gefällt´s und du hast ja einen guten Geschmack. Mal abwarten…
Dich les ich im Dirndl 😉
In allen Bildern! Du hast das in ALLEN Bildern! Hansen, Hansen……
🙂
Mit dem Hummer ging es mir genauso – den habe ich auf einen Rutsch gelesen, auch ein traumhaftes Buch. Dieses hier klingt auch wunderbar; allerdings warte ich mit dem Mir-Gönnen und Lesen noch ein wenig, bis ich richtig die Zeit dafür finde. Genuss wird es werden, ganz klar. Stevan schreibt genial.
Das nächste Mal stimmen wir unsere Schweden-Besuche bitte ab; ich habe oft Pech. Bist Du nächste Woche zufällig auch dort? Sonst wird das wohl sehr herbstlich…
Die Sache mit den eingebildeten Akzenten finde ich ja genial. Das muss ich auch mal probieren! :-))
Ich sollte öfter nach Schweden. Das Land tut gut 🙂 Aber es war bisher auch im Winter sehr schön – genau genommen war ich dieses Jahr das erste mal in Göteborg City ohne auf Eis laufen zu müssen 😉
Pass aber auf mit den Akzenten, das wird wie so ne Art Ohrwurm – man wird es nicht mehr los!
Ich kenne ja nur Betis Sevilla. Das ist ein Fußball-Club in Spanien, ich glaube sogar aus Sevilla. Das „est“ hättest Du weglassen können. Dann wäre das bei jedem Altlateiner als astreine Ellipse durchgegangen.
Schöne Teller, Herr Kollege!
Das mit den Akzenten bekomme ich nur hin, wenn ich die Stimme desjenigen oft genug gehört habe. Deshalb ist mir das bei Schlaraffenland auch nur bei derjenigen Geschichte gelungen, von der Lesungsmitschnitte gab. Leider wurde dann auch auf der Buchmesse wieder genau jene vorgelesen, sodaß ich nochmal zu einer richtigen Lesung muß. Als Hörbuch gefiele mir Schlaraffenland nämlich besser.
Nachkochen? Och nöö … der Reiz war bislang nicht da.