Mit dem Essen spielt man nicht, für alle die das weniger interessiert kommt hier die Anleitung. Für Vanillesauce – kein wirkliches Mysterium, aber der Besuch der Sternefresser im Chez Schuhbeck und die ungepunktete Sauce in diesem Hause, sowie der faszinierende Neuzugang im Küchenkochbuchregal On Food And Cooking in seiner deutschen Übersetzung reichen als Anreiz der Sache mal auf den Grund zu gehen. Früher war mir eigentlich selbst die Zubereitung einer Beutel-Sauce zu aufwendig (ich glaube man muss das erst in kalte Milch rühren, dann aufkochen und noch ewig stehen lassen – furchtbar…) trotzdem liebe ich Vanillesauce und mache meine natürlich selbst, steht´s mit frischer Vanille und dazu mit Orangen-Abrieb. Kein Ingwer.
Die lockerere Variante, mehr Luft, mehr Arbeit, mehr Geschmack.
Rein technisch, habe ich gelernt, führen hier mehrere Wege zum Ziel – mein bevorzugter war bisher: Ei und Speisestärke. Was ich bei ausführlicher Lektüre des Kapital Eier gelernt habe ist, dass das Protein im Ei ein großes Netzwerk bildet, das Wasser einfängt und wenn es zu heiß wird, dieses Wasser aus dem Netzwerk gedrängt wird und da kommt die Speisestärke ins Spiel, die dieses Wasser bindet. Praktisch. Dicke Sauce, keine Klumpen. Trotzdem wird das Ei ziemlich heiß, und was damit einhergeht ist Amoniak-Geschmack, oder Geruch? Egal, denn man kann sich noch anders behelfen und das kalte Ei mit Zucker aufschlagen, Milch mit Aromaten aufkochen und langsam, nach und nach, zum Ei geben, dann wieder in den Topf und dort zur Rose aufschlagen. Glück hat, wer mit Induktionsfeld ausgerüstet ist – ein Wasserbad tut hier aber auch gute Dienste.
Man sieht schon: Dicker, die Oberfläche setzt etwas Haut an, weniger Arbeit, mehr Speisestärke.
Nun dachte ich mir, was bringt dem Leser alleine die geteilte Lust am Genuss, wenn ich nicht wenigstens noch aufschreibe, wie man die Vanillesauce auf den Teller bringt.
Schnelle Vanillesauce – mit Speisestärke
Zutaten:
– 250ml Milch
– 2 EL Zucker
– 1/2 EL Speisestärke
– 1/2 Vanilleschote
– Abrieb einer halben unbehandelten Orange
– 1 Ei Größe L
1. Die Vanilleschote längs halbieren und die Samen mit dem Messerrücken herausschaben. Schote und Samen in die Milch geben.
2. Orangenschale mit einer Reibe abhobeln und dabei darauf achten, nur die Schale und nicht „das Weiße“ abzureiben. Abrieb ebenfalls zur Milch geben.
3. Das Ei verquirlen und mit dem Zucker und der Speisestärke in die Milch geben.
4. Die Milch unter ständigem rühren kurz aufkochen, bis die Masse angedickt ist.
Warm servieren 😉
An dieser Stelle muss ich mal gestehen, dass Stolz und Vorurteil eine meiner liebsten Geschichten überhaupt ist. Weil es meinen liebsten Charakter beheimatet: Mr. Bennet: Kluger Verstand und Ironie, Zurückhaltung und Schalkhaftigkeit. Genau wie ich eben – oder wie ich sein will, spätestens in seinem Alter 😉 Im englischen Original wird er mit sarcastic humour beschrieben, was je nach Übersetzung Ironie oder Zynismus ergibt – und letzterer ist schlichtweg eine Beleidigung des Charakters. Mein Verhältnis zu Übersetzung ist schwierig. Die Übersetzerin von On Food And Cooking – Carla Gröppel-Wegener ist ehemalige Schülerin des Cordon Bleu in London. Sie hat außerdem Anglistik, Romanistik und Skandinavistik an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main studiert.
Und dazu Frau Ziiis Kaiserschmarrn und schnelles Apfelkompott.
So ein Werk (wir reden von gut 1000 Seiten) zu übersetzen ist natürlich eine Mammutaufgabe. Noch dazu sind Übersetzungen im Bereich Ernährung nicht so ohne, da sich neben verschiedenen Maßeinheiten auch Kultur, Herkunft und gesetzliche Vorschriften sowie Standards zwischen den USA und Europa sehr stark unterscheiden. Hier hat das Buch gute und schlechte Seiten. So wird z.B. erzählt, welche Lobby bereits im frühen 20. Jahrhundert dafür sorgte, dass Fleisch in den USA nach seiner Maserung und damit alleine dem Fettgehalt bewertet wird, während uns sowas in Deutschland sehr fremd ist, die Franzosen mit ihrem Label Rouge aber vorgemacht haben, wie es gehen kann. So ausführlich Qualitätsstandards beim Thema Fleisch besprochen werden, bei der Tierhaltung wird diese Unterscheidung leider nicht getroffen und bleibt auf die USA beschränkt. Viele Tabellen führen dafür aber international gültige Auflistungen an – so findet man z.B. eine schöne Übersicht über verschiedene amerikanische Milchprodukte und ihre (ähnlichsten) europäischen Entsprechungen. Und so machen diese Hintergründe neben den chemischen und physikalischen Erörterungen den Charme des Buches aus und qualifizieren es damit auch für den Nachttisch – dabei muss man allerdings darauf achten, sich nicht zu sehr mitreißen zu lassen, denn mich haben die Inspirationen, die die ausführlich erklärten Hintergründe mit sich bringen schon um die ein oder andere Nacht gebracht…
Das Buch wurde mir vom Verlag zu Rezensionszwecken zur Verfügung gestellt.
ON FOOD AND COOKING
Das Standardwerk der Küchenwissenschaft
Harold McGee
69,90 EUR*
1008 Seiten
1. Auflage 2014
Hardcover, 240 x 170mm
Matthaes Verlag
ISBN: 978-3-87515-083-4
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Chefs Lieblings Vanillesauce
Von Januar 27, 2014
Veröffentlicht:Wenn man etwas mehr Zeit für Liebe hat, nimmt man dieses Rezept. Der Mehraufwand lohnt sich - und ist eigentlich auch ganz überschaubar
Zutaten
- 250 ml Milch
- 1/2 Vanilleschote
- Orangenschale Abrieb einer halben, unbehandelten Orange
- 2 EL Zucker
- 1 Ei Größe L
Zubereitung
- Die Vanilleschote längs halbieren und mit dem Messerrücken auskratzen, Schote und Samen in die Milch geben.
- Orangen-Zeste einer halben Orange ebenfalls in die Milch geben, die Milch kurz aufkochen und abgedeckt eine halbe Stunde ziehen lassen.
- Ei und Zucker mit einem Handrührgerät aufschlagen, die Vanilleschote aus der Milch entfernen und die Milch langsam, unter rühren, zur Ei-Mischung geben.
- Mischung zurück in den Topf geben, vorsichtig erhitzen und zur Rose abziehen. Wer ein Thermometer hat - die Temperatur darf 78 Grad nicht überschreiten. Auf einem Induktionsherd lässt sich das sehr gut im Topf bewerkstelligen, der Rest arbeitet lieber mit dem Wasserbad. Sollte es trotzdem Klümpchen geben - nicht verzagen, Zauberstab fragen!
- Küche: Deutsch
- Menüfolge: Nachtisch
- Schwierigkeit: Fortgeschritten
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Zur Rose darf’s sogar bis zu 82°C sein. 😉
Lieber Mr. Bennet, Du machst die Vanillesauce à la Muddel (also: wie in meiner Kindheit). Perfekt und eine süße Erinnerung daran, die auch mal wieder zu machen.
Also ich weiß ja nicht ob ich zu blöd bin, aber ich hab mir jetzt drei Mal das Rezept MIT speisestärke durchgelesen, und finde die Stelle nicht, wo sie dazukommt?
Bitte um Aufklärung 😉
Lieben Dank für´s genau nachlesen! Ich hab´s verbessert…
… es wird noch besser mit Sahne: Milch im Verhältnis 1:1 🙂