Salsiccia Fleischbaellchen in Tomatensauce

Vollbremsung. Kaum fünf Minuten unterwegs, schon ist es wieder passiert. Dabei war am Morgen alles perfekt vorbereitet. Die Klamotten waren rausgelegt, Frühstück fertig im Kühlschrank, der Wecker klingt: Er steht auf, duscht, rasieren, halbes Kilo weniger auf der Waage. Zähne geputzt, frischer Atem. Pünktlich die Haustür hinter sich zugezogen. An den Abholzettel vom Paket hat er gedacht und an die Lovefilm-DVD vom Vorabend. Und jetzt steht er da auf der mittleren Spur. Links drängelt sich das Blaulicht vorbei und rechts am Horizont zieht der perfekte Tag weiter in eine andere Stadt. Eine Stunde später ist er im Büro. Ein Daimler ist einem anderen Daimler hinten drauf gefahren und beide Sterne sind verbogen. Kratzer sieht er keine, aber wehe es stellt sich heraus, dass die Nummernschildaufhängung verzogen ist… Der Polizist hat noch nen beschisseneren Tag, denkt er, genau wie der Angebummste – ein letzter Rest von Optimismus. Sein Chef grinst nur doof und deutet an, dass er die halbe Stunde Verlust schon aufholen wird. Bis um Neun. Er kenne das ja schließlich schon von letzter Woche. Kennt er, macht eine unanständige Geste in der Hosentasche und liest erstmal seine E-Mails. Dass man das nicht als erstes am Morgen tun soll hat er gehört. Aber man soll ja auch Zahnseide benutzen, den Rasen nicht kürzer als vier Zentimeter schneiden und nach Sechs keine Kohlenhydrate zu sich nehmen…

Salsiccia Fleischbällchen, das zweitbeste, dass du aus einer Fenchelwurst machen kannst

Er ist nicht mehr sein eigener Herr. Manchmal fühlt es sich an, als würde er bis zum Hals irgendwo drin stecken. Er hat gelernt Klimmzüge zu machen, um wenigstens ab und zu mal tief Luft holen zu können. Doch die Scheiße holt ihn immer wieder ein. Am Abend, im Stau auf dem Heimweg, kommt ihm die gleiche Idee wie an den Tagen zu vor. Schon lange träumt er davon einfach nur noch vor sich hin zu kochen. Und zu essen. Und diese Leidenschaft mit Menschen die er liebt zu teilen. Eine unbändige Lust nach italienischen Würsten packt ihn, als er wieder freie Bahn hat und das Gaspedal voll durchtritt. Er öffnet das Fenster einen Spalt und stellt sich vor mit seiner Vespa durch die Gassen einer italienischen Kleinstadt zur tuckern. Ein paar Blumen für die liebste auf dem Gepäckträger, und Rotwein. Er will noch zum Metzger und hat Glück. Zum ersten Mal für heute, denn der Metzger legt grade eine frische Portion vom eingelegten Rückenspeck in die Auslage. Lardo darf er ihn nicht nennen. Die beiden diskutieren ein wenig über die Zubereitung der Wurst, Salzmenge und so. Eine Oma belauscht die beiden neugierig und bietet ihm eine frische Fenchelknolle aus ihrem Garten an. Den Darm gibt’s geschenkt. Hier teilen sich die Menschen eine Leidenschaft.

Der nächste Morgen, er zieht die Haustür hinter sich zu und fünf Minuten später steht er wieder. Im Radio R.E.M. – und er muss weinen. Und lachen. Neben ihm steht der Metzger im Stau. Er steigt einfach aus, beim Metzger ein und sieht zwei Schweinehälften im Kühlabteil baumeln. Nur die Sau hat noch nen beschisseneren Tag. Beide lachen. Der Metzger muss wohl das gleiche gedacht haben. Warum er sich das jeden Morgen antue will der Metzger wissen und er kann ihm keine Antwort darauf geben. „Komm mit zu mir, wir nehmen das Tier auseinander, dann kommst du mal auf andere Gedanken“. Kann er das machen? Der Metzger bietet ihm einen Schluck aus seinem polierten Flachmann an. Selbstgebrannter vom Alten. Er kann.

Großen Staunen über die Präzision, wie der Metzger das zentnerschwere Tier zerteilt. Und wie scharf die Messer sind. Hier ein Schnitt, da ein Schnitt, ein kunstvoller Hebelgriff und schon liegt der Schinken vor ihm. Das ist toll, aber durch seinen Kopf rattern die Rezepte und Zuhause liegen noch Speck und Fenchel. Zuhause wartet auch das schlechte Gewissen und sieben Anrufe in Abwesenheit. Der Chef. Aber der Metzger hat recht, erstmal Wursten. Das soll er tun, erstmal in der Küche stehen, so lange bis er nicht mehr kann und dann noch ein bisschen und wenn das bisschen nie kommt, dann soll er einfach nochmal vorbeikommen und wird mit Nachschub versorgt. Und dann legt er los. Drei Zwiebeln schneidet er in präzise Würfel. Er würde die auch dann alle in die gleiche Größe schneiden, wenn sie später im Fleischwolf landen. Hier, in seiner Küche, da ist er sein eigener Herr. Er fängt wieder an zu weinen (diesmal Zwiebeln), wischt sich wütend die Tränen von der Backe und heizt die Pfanne auf, in der er die Gewürze für seine Salsicca anröstet. Pfeffer, Fenchelsaat, getrocknete Chilischoten, Wacholderbeeren und Piment. Im Garten pflückt er einen frischen Bund Oregano, mörsert die Gewürze und massiert sie zärtlich in das ebenso akkurat gewürfelte Fleisch.

Salsiccia Fleischbällchen, das zweitbeste, dass du aus einer Fenchelwurst machen kannst

Der Metzger hat ihm ein paar Meter Darm geschenkt, aber er hat auch noch welchen im Kühlschrank. Schon eine ganze Weile. Egal, was soll schon groß passieren. Heute ist ein guter Tag, einer an dem er sich unbesiegbar fühlt. Und so ein Darm, schön eingesalzen, wird auch nicht schlecht. Und wenn schon, ist nicht seine erste Lebensmittelvergiftung. Und wo er so über Lebensmittelvergiftung nachdenkt, probiert er ein bisschen von der rohen Wurstmasse. Er ist begeistert und probiert nochmal, aus einer ganz anderen Ecke der Schüssel, nur um sicher zu gehen, dass auch wirklich alle Kräuter und Gewürze gut verteilt sind. Und nochmal. Und nochmal. Kein schlechtes Gewissen. Er arbeitet sauber und nur mit einwandfreien Zutaten. Aber was ihn noch viel mehr beschäftigt ist der Rest, der in der Wurstfüllmaschine zurück bleibt. Reicht locker noch für drei oder vier Würste. Oder soll er sie sich auf’s Brot schmieren? Mett Deluxe? Überhaupt, eine schöne Idee für einen eigenen Laden: Die Metteria! Er sieht schon das Schild knarzend im Wind schwingen und denkt plötzlich an Fleischbällchen, rundherum angebraten, stellt sich vor, wie er eine Dose geschälte Tomaten darüber ausschüttet und den Rest aus der Rotweinflasche dazugibt. Frisch gehackte Kräuter: Oregano, Thymian, Rosmarin und Basilikum gibt er erst in die Pfanne, als die ganze Flüssigkeit fast vollständig verkocht ist und isst die alles alleine auf.

Der nächste Morgen. Durchfall. Lieber wieder ins Bett. Er träumt von einem Fiebertraum, träumt sich ins ein Delirium, wacht aber zwei Stunden später erholt und gesund wieder auf. Hat wohl nur zuviel gegessen. Er bleibt sicherheitshalber den Tag noch zuhause und unterhält sich mit der Planung für seine „Metteria“. An den Job verschwendet er keinen Gedanken. Dafür hat er am nächsten Morgen im Stau noch Zeit genug. Jetzt schreibt er erstmal sein Rezept für Salsiccia Fleischbällchen auf und tunkt mit einem Foccacia die letzten Reste der Tomatensauce aus der Pfanne…

Und so beginnt sie. Seine Geschichte. Die Geschichte der Metteria – oder geht sie doch im Büro weiter? Oder endet dort? Erzähl du’s mir! Wie soll es mit ihm weitergehen? Soll er sich in die Fleischfachverkäuferin verlieben, oder in seine Kollegin, die ihn lieber im Büro um sich hat, als Abends in der Metteria – und wie wollen wir ihn überhaupt nennen?

Salsiccia Fleischbällchen in Tomatensauce

Dazu schmeckt am Besten frisches Foccacia - entweder vom Bäcker des Vertrauens oder nach dem Rezept von Highfoodality (

Vorbereitung
Zubereitung
Autor: Alexander Hansen
Kategorie: Fleisch, Wurst
 

Zutaten

  • 4 Salsiccia, roh, ungebrüht und nicht geräuchert
  • 4 EL zum Braten geeignetes Olivenöl
  • 1 Dose gewürfelte Tomaten
  • 1 Glas Rotwein
  • Oregano, Rosmarin, Thymian und Basilikum nach Geschmack
  • Schwarzer Pfeffer
  • Salz

Zubereitung

  1. Das Wurstbrät aus der Hülle drücken und 10 gleich große Bällchen daraus formen.
  2. Die Bällchen rundherum kräftig anbraten.
  3. Tomaten und Rotwein angießen und köcheln lassen, bis die Flüssigkeit fast vollständig verkocht ist.
  4. Kräuter fein hacken und unterheben.
  5. Vorsichtig mit Pfeffer und Salz abschmecken, aber wahrscheinlich hat die Wurst die Sauce schon genug gewürzt.