Eigentlich sollte an dieser Stelle endlich ein rezeptüberladener Beitrag vom Grillmenü erscheinen, das am Gründonnerstag verspeist wurde. Aber es gibt Teller, die müssen an die Öffentlichkeit, so lange sie noch warm sind. Und die mit Mozarella-Espuma gefüllten Tomaten, drei Dips, Fladenbrot, Lammbratwürste mit Balsamico-Malzbier-Sauce und Orangenfenchel, Nierenzapfen mit grünem Spargel und Martini-Eis mit kandierten Zitronenschalen können ja noch warten. Am Besten, bis ich den Dreh mit dem Martini-Eis mal raus hab…
Im Noma-Kochbuch, das hauptsächlich mit Fotos gefüllt ist, die bei Foodgawker wegen Unterbelichtung abgewiesen würden (aber trotzdem echte Hingucker sind – jedes für sich) und Rezepten, die selbst dict.leo.org an seine Grenzen treibt und damit den Hobbykoch an sich schon an der Übersetzung scheitern lässt, bevor er sich überhaupt auf den Weg zum nächsten Tümpel gemacht hat, um ein paar Rohrkolben zu ernten. Meine Augen sind an einem Spargelgericht hängen geblieben, das zwar ebendiese Rohrkolben verwendet, die hier auch in Laufweite rumstehen. Nachdem der ganze Schnee von Winter geschmolzen war, hat ein freundlicher Nachbar dort hunderte kleine Fähnchen in den Boden gesteckt auf denen stand: Vorsicht, Hundekacke. Sicher, ist bestimmt ein toller Dünger, aber auf´m Markt gab´s bunte Frühlingszwiebeln. Die schmecken zwar bestimmt ganz anders als Schilf, aber immerhin lecker und wecken beim Verzehr auch keine Assoziationen mit Wauwau-Ahah.
Für die Sauce, die der Star des Tellers werden sollte, brauchen wir 125ml Johannisbeerwein, 85g eiskalte Butter, 5g Waldmeister und 50g Spinat. Ein Waldmeisterpflänzchen habe ich neulich im Gartenmarkt stehen lassen. Glücklicherweise wollte es seit dem auch sonst niemand kaufen, so dass es seit Freitag die schattige Ecke unserer Dachterasse schmückt. Wie der Zufall so wollte, gab´s im Gartenmarkt auch Johannisbeerwein, womit die Sauce schonmal gerettet war. Für Avantgarde-Küche eigentlich eine kinderleichte Zubereitung: Johannisbeerwein erhitzen, eiskalte Butterwürfelchen mit dem Zauberstab reinmixen, abkühlen lassen. Gut, da steht dann was von process in a Thermomix. Improvisieren: Spinat- und Waldmeister-Blätter waschen, trocken schleudern und in der warmen Sauce zusammenfallen lassen. Mit dem Zauberstab solange bearbeiten, bis eine homogene Masse entstanden ist. Von Abschmecken stand da nix – ich hab noch etwas Zucker und Salz dran gegeben. Schmeckt irgendwie fruchtig/nussig, für sich alleine Interessant, zusammen mit dem Spargel zum darnieder knien.
Bei den Frühlingszwiebeln wird kein Heckmeck gemacht. 40g gesalzene Butter in der Pfanne schmelzen lassen, Frühlingszwiebeln in der Butter rundherum garen, dann mit Puderzucker bestreuen, karamelisieren und warmhalten. Der Spargel wird in Dänemark geschält, vom Fuss zwei 1cm lange Stücke abgeschnitten und der Rest in mundgerechte Stücke geteilt. Dann wird der Spargel für 35 Sekunden (!) in einer Emulsion aus 100ml Wasser und 40g Butter geschwenkt, die 1cm-Stückchen für weitere 10 Sekunden mitgeschwenkt und dann ist der da fertig. Da ich auf dem Markt acht Stangen von mannhafter Statur erstanden habe, wurde der Schwenkprozess auf vier Minuten ausgedehnt, was für meinen Geschmack perfekte Spargelstückchen hervorgebracht hat.
Die kleinen Spargelstückchen dienen als Unterlage für Brotchips. Ich hab ein Brötchen vom Vortag in feine Scheiben geschnitten, mit nen Schnapsglas ausgestanzt und die kreisrunden Taler in der Butter angebraten, in der vorher die Frühlingszwiebeln gegart wurden. Das geht recht fix. Die Brotchips auf einem Küchenpapier abtropfen lassen und das überschüssige Fett abgießen für die Eier, die jetzt auch noch ins Spiel kommen. Im Originalrezept natürlich Enteneier, die zunächst für 35 Minuten bei 62 Grad gegart werden um dann nach dem sie abgekühlt sind wieder auf 58 Grad erwärmt zu werden. Banause der ich bin, habe ich zwei Eier getrennt und die Eigelb wie ein Spiegelei angebraten. Gut, das reicht nicht für zwei Michelin-Sterne, aber Frau Hansen und ich waren entzückt 🙂
Den Teller dann ein bisschen avantgardistisch schmücken, hier noch mit ein paar Waldmeister-Blättern, Bohnenkraut (nur zur Deko) und natürlich dem guten Besteck! Auf dem Teller ist nur ein Bruchteil von dem zu sehen, was zubereitet wurde, also keine Angst, das macht auch satt – sonst macht einfach noch ein Ei mehr 😉