Ballon fahren, Trauben lesen, Korinthen kacken. Als ginge gleich die Welt unter, würde mal jemand mit einem Ballon fliegen oder Trauben ernten gehen. Korinthen – überlasse ich eurer Phantasie. Aber den Spargel nehme ich ernst und da bin ich nicht alleine. Samstag 9:30: Ein Rentnerehepaar baut sich am Marktstand vor dem Spargel auf. Er sortiert, sie gibt Deckung und übrig bleiben sieben Stangen. Meine sieben Stangen. Aus dem Hinterhalt schleicht sich eine Oma an, den Blick verbissen auf´s Stangengemüse gerichtet. Vor meinem inneren Auge sehe ich sie, in Kittelschürze gewandt, den Holzofen anfeuern, Hollandaise aufschlagen und den Spargel in einem atemberaubenden Tempo mit höckschster Präzision schälend. Der Deckel auf dem Kartoffeltopf klappert schon nervös. Opa nascht heimlich am Schinken… Aber es waren nunmal meine sieben Stangen. Rhabarber war zum Glück genug für alle da!
Mal ehrlich, die Oma hätte den Spargel sowieso verkocht und ihm mit Tütensauce den Rest gegeben. Da mach lieber ich den Spargel in die Tüte und spar mir die Hollandaise gleich ganz. Nicht, dass ich Spargel nicht auf die Klassische mag, aber mir war mal wieder mehr nach was Ausgefallenem – bevor ich meinen Ruf noch ganz verliere. Thomas Keller half mir auf die Sprünge und hat freundlicherweise in Under Pressure Spargel und Rhabarber auf einem Teller vereint, was mich nur noch darin bestätigte das Gleiche zu tun.
Ein paar grüne Tupfer lieferte ein Estragon-Gel. Frisch, frech und wuchtig sprießt der Estragon aus der Kräuterschnecke und schickt sich an, den gesamten nördlichen Teil zu erobern. 50 Gramm habe ich ihm genommen und man merkt es kaum… In 200ml grünem Tee hab ich ihn gemixt, mit Salz, Zucker, weißem Pfeffer und weißem Balsamessig abgeschmeckt und Xanthan gebunden. Hätte noch grüner sein können – ich brauche einfach dringend einen Thermomix, oder mehr Geduld.
Und während ich so den Estragon aus seinem Beet pflückte, sah ich den Teller vor mir, wie sich ein kleiner, brauner Hügel darüber erstreckt, aus dem die Spargelspitzen schielen – in freudiger Erregung bald gestochen zu werden. Und so kam es, dass auch ich endlich, endlich falsche Erde auf den Teller packen konnte. Seit Monaten, was sage ich Jahren, bestaune ich jeden Teller oder Topf mit essbarer Erde und will das auch. Und so nahm ich ein paar Scheiben vom besten Sauerteigbrot, hackte es zusammen mit welkem Waldmeister zu Bröseln und röstete es in 50g brauner Butter in der Pfanne mit etwas Salz.
Der Rhabarber wird für maximal 15 Minuten bei 61 Grad gegart. In den Beutel kommen außerdem 30ml Orangensaft, 30ml Rotweinessig, 30g Zucker und zwei Streifen Orangenzeste. Rhabarber möchte ich eigentlich nie wieder anders essen, so genial schmeckt das. Eine Sensation – versprochen! Der Spargel kommt für 30 Minuten bei 85 Grad ins Wasserbad. Eingeschweißt wird er mit 50ml Milch, Salz und Zucker. Bei beiden Beuteln bietet es sich an, die Flüssigkeiten vorher in kleinen Plastikschälchen einzufrieren und gefroren mit einzuschweißen, dann klappt das mit dem Vakuum wie von alleine. Aufgetaut ist das dann schnell wieder.