Eigentlich dreht sich hier ja alles um den Genuss. Keine bösen Worte, keine traurigen Tiere, welke Blätter oder welke Worte. Aber heute gehe ich dahin wo´s wehtut. Amerikanische Zuckerbäckerei. Den Geschmackssinn von überzuckerten Softdrinks in Super Size Menü Größe degeneriert, kann der gemeine Amerikaner von einem durch eine Zitronenspalte ausgelösten analeptischen Schock locker außer Gefecht gesetzt werden. Um sich davon zu erholen reicht ein kleines Stückchen Arnold Palmer Cake. Fast ein Kilo Zucker auf 18 Zentimeter Kuchen. Was so süß klingt wie der Blick eines Katzenbabys verteilt sich hier auf mehrere Schichten Schwarzteekuchen, Zitronenmascarpone, Bitter Tea Jelly und einem Crunch, der zu Teilen auch noch aus Eisteepulver besteht. Frisch durchgekühlt sieht das ganze so aus:
Ein gutes Bildbearbeitungsprogramm erspart einem das Sauberwischen des Tellerrands.
Für in der Gastronomie Aufgewachsene sind ja entrückte Maßstäbe sozusagen täglich Brot. Milchkannen voller Sahne (ich meine MILCHKANNEN, nicht dieses Kinderspielzeug, mit dem wir früher zum Bauern geschickt wurden), Mehlsäcke, Butterbarren, Eiskübel, in die MANN (großgeschrieben) den ganzen Arm versenken musste, um bis zum Boden zu gelangen und 14 Bleche (ich meine BLECHE, nicht dieses dünne Metall mit Vertiefung, das wir heute in den heimischen Backofen schieben) mehrreihig angeordnetem Apfelstrudel, von dem am Abend nix mehr übrig bleibt. Aber dieser Kuchen hat mich wirklich geschockt. So sehr, dass ich ihn nachbacken musste. Zweimal.
Da kippt er sogar selber um!
Entdeckt habe ich ihn im Lucky Peach Issue 2: The Sweet Spot – im Gegensatz zur Torte eine absolute Empfehlung. Das ganze Heft beschäfigt sich in einer Reihe von hochkarätigen Artikeln, geschrieben von hochkarätigen Autoren, mit dem Thema: Wann ist der (Geschmacks-)Höhepunkt bei Lebensmittel A oder Gericht B erreicht.
In the making…
Das Rezept erspare ich mir – und euch. Denn Nachbacken ist wirklich nicht empfohlen. Nicht weil der Kuchen nicht schmeckt. Er schmeckt furchtbar gut, wenn man ihn recht kalt isst, aber mich hat er ernsthaft spüren lassen, was viel zu viel Zucker im Körper anrichtet und ich habe mich nach fünf Tagen erst wieder normal (im Rahmen meiner Möglichkeiten) gefühlt. Nichts desto trotz – beim Accidental Brainwash Foodie findet ihr das Rezept auch mit Gramm-Angaben, wobei mich das Resultat mit halbierten Zuckeranteilen wirklich interessieren würde! Meine Anpassungen an den deutschen Lebensmittelmarkt waren:
- Feuilletine – nennt man hier wohl auch Hippenbrösel, also habe ich diese dünnen Bisquitröllchen gekauft, zerbröselt und zusammen mit den Mandelstiften (für den Crunch) geröstet.
- Lipton Black Tea (Leaves) – Dafür hab ich meinen Earl Grey geopfert.
- Pectin NH – Da gibt´s so ne Gelierhilfe im Supermarkt. Besteht hauptsächlich aus Pektin. Wobei man Pektin auch so kriegen sollte.
Ein feuchtes, scharfes Messer hinterlässt einen saubereren Schnitt
Insgesamt finde ich die Ideen hinter dieser Torte ganz toll und das Rezept hat mich trotz der Zuckerwucht dazu animiert mir wieder mehr Gedanken um´s Backen zu machen – weil ich mach´s dann irgendwie doch ganz gerne 🙂 Eigentlich hätte ich jetzt dank der drei mal drei Schichten damit auch noch an Astrids Geburtstagsevent teilnehmen können – so einfach wollt ich´s mir dann aber doch nicht machen. Deshalb bleiben sie dran und lesen sie den nächsten (oder übernächsten) Artikel aus der Kategorie: Wie man mit dem eigenen Anspruch am Terminkalender scheitert…