Ich kann kein Bier brauen. Nicht, dass ich es jemals versucht hätte, aber cooler wär´s schon. Doch zunächst zu einer Frage, die mich seit einer Weile beschäftigt. Ich befinde mich in einem Lebensabschnitt, in dem ich mich langsam mit dem Gedanken anfreunde, bald den abenteuerlichsten Schritt zum Erwachsenen zu machen: Vater werden. Oder besser gesagt – und grade da sehe ich die Herausforderung: Vater werden, Mensch bleiben. Wenn ich die Eltern um mich herum so betrachte stelle ich mir auffallend oft die Frage: Wann ist mein Kind eigentlich alt genug Scheiße sagen zu dürfen? Ich sage das S-Wort ständig. Laut und deutlich. Nicht etwa Scheibenkleister oder ähnlich weichgespülte Umschreibungen bei denen doch jeder Dreijährige das Wort hört, das er selbst nicht in den Mund nehmen darf. Junge Eltern in meinem Umfeld tun mir das gleich, trotzdem quält mich der Eindruck sie wünschten sich nichts sehnlicher als eine Fünfprozenthürde für Kraftausdrücke im Kindergarten.
Und ich kann noch so angestrengt überlegen, es fällt mir nicht ein, wann ich angefangen habe Scheiße zu sagen. Ich habe mir sogar ein Tourette antrainiert und sage manchmal "F'cken" und schüttle dabei den Kopf während ich mein linkes Auge zupresse, wenn ich mich selbst bei einer Dämlichkeit erwische. Ich weiß, nicht lustig, aber irgendwie dann doch wieder… Neulich ist es mir sogar in einem unpassenden Moment rausgerutscht und nun versuche ich es wieder abzutrainieren. Wer sich selbst nicht erziehen kann, sollte das bei Kindern vielleicht erst garnicht versuchen. Trotzdem starte ich hier und heute einen beispiellosen Selbstversuch, gehe auf Fluch-Kur und verzichte für eine Woche auf sämtliche Schimpfworte. Wird bestimmt total lustig.
Ich kann also noch kein Bier brauen. Man könnte jetzt meinen, das sei egal, da es gutes Bier in Hülle und Fülle gibt und das stimmt auch. In meinem direkten Umfeld – jede Menge kleine Brauereien mit anbetungswürdigem Bier. Nur beschränkt sich mein kulinarischer Anspruch nicht auf´s Flüssige. Wie beim Wein sollte sich schon ein anregender Dialog mit der Mahlzeit ergeben und da ich mich auf´s Bier schon festgelegt hatte, musste ich für´s Essen meine Phantasie spielen lassen. Und was passt besser zum Bier als ne Wurst. Außerdem muss man beim Bier nicht bei jedem Schluck mit dem Glas vor der Nase wedeln und kann sein Getränk auch mal gegen den Durst einsetzen.
Meine Wahl fiel auf das Pale Ale aus der Braumanufaktur Schönbuch, deren Brauhaus ich sehr schätze, auch wenn man bei zwei von drei Besuchen keinen Platz bekommt und sich auch Keiner darum bemüht welchen zu machen. Laut Brauerei duftet das Pale Ale nach Mango, Lyche und Melone. Schon beim ersten Schluck war mir spontan nach Szechuan-Pfeffer, etwas Kohligem und ausgeprägtem Fleischgeschmack. Kann man alles problemlos in eine Wurst packen und den Fleischgeschmack unterstreichen wir durch einen hohen Anteil aromatischen Rindfleischs.
Die Würste werden langsam, zusammen mit einer Sternanis gebraten und im Ofen warm gehalten, während der Bratensatz mit einem Glas Szechuan-Brühe (Heston Blumenthal at home) losgekocht wird. Dazu noch ein ordentlicher Schluck Orangensaft und das Ganze sirupartig einkochen, anschließend die Wurst darauf betten. Zusammen mit Kartoffel-Kürbis-Püree (Kümmel!) und etwas Kresse servieren. Zum Abschluss mit einem Schwarzen Johannisbeer-Brand den Geschmack von Wurst und Bier unterstreichen.
Disclaimer: Der Brand aus dem Hause Ziegler wurde mir freundlicherweise von den Mädels der Storykitchen zum Verkosten angeboten – auf das Bier bin ich selbst gekommen und stehe (noch) in keiner geschäftlichen Beziehung zu Brauerei.